Sonderausstellung

Die Ostsee – Urlaubsziel, Grenzgebiet, Sehnsuchtsort

In fünf Themenbereichen erzählt die Sonderausstellung über die vielen Facetten der Ostsee – vom Meer als Mythos, der Seegrenze und dem Grenzgebiet, von Kunst und Kultur, vom Übernachten und Speisen sowie vom Strandleben. von Dr. Stefan Wolle (06.08.2024)

Die Sonnen- und Schattenseiten der Ostseeküste

Die Sonderausstellung »Die Ostsee – Urlaubsort, Grenzgebiet, Sehnsuchtsort« widmet sich der besonderen Bedeutung der Ostseeküste für die Menschen in der DDR und spiegelt dabei ganz unterschiedliche Facetten wider. Sie veranschaulicht die komplexe Realität an der Ostseeküste der DDR: Die harmonische Verbindung von idyllischem Alltagsleben und der ständigen militärischen Bedrohung. Sie zeigt auch die Kluft zwischen den realisierten Träumen von unbeschwerten Badeferien und den unerfüllten Sehnsüchten nach Freiheit und Weltreisen. 

Denn neben den vielen idyllischen Urlaubserinnerungen gab es auch die Schattenseiten der Ostseeküste als Grenzregion. Zahlreiche Souvenirs und Bücher erzählen von der Sehnsucht, dem Fernweh und der Abenteuerlust, die viele DDR-Bürger*innen hegten, aber nur selten ausleben konnten. Verbotsschilder und Informationen über die nächtliche Überwachung der Strände – etwa durch Suchscheinwerfer, die nach flüchtenden Menschen Ausschau hielten – verdeutlichen die strikte Grenzpolitik der DDR. Darüber hinaus war die Ostseeküste auch ein Schauplatz der militärischen Auseinandersetzungen des Kalten Krieges. Täglich durchbrachen die dröhnenden Suchoi 22-Jagdbomber der NVA die friedliche Strandidylle.

Ausstellungsvitrine Sonderausstellung »Die Ostsee«

Ausstellungsvitrine Sonderausstellung »Die Ostsee – Urlaubsziel, Grenzgebiet, Sehnsuchtsort«

In Kooperation mit der Zeitschrift SUPERillu haben wir im Vorfeld der Ausstellungseröffnung einen Wettbewerb ins Leben gerufen, bei dem das schönste Strandburgfoto prämiert wurde. Zahlreiche Teilnehmer*innen schickten dabei sowohl ihre Fotos als auch persönliche Geschichten ein, die ihre Erinnerungen an die Ostsee lebendig werden lassen. Das Siegerfoto wird in Form eines detailgetreuen Modells ausgestellt, das von der Modellbauerin Linda Blüml erstellt wurde, die übrigens bereits in der Vergangenheit mehrere Dioramen für unsere Ausstellung gebaut hat. Auch die Bilder, die es nicht zum Sieg geschafft haben, sind Teil der Ausstellung und werden mit erklärenden Texten an einem dazugehörigen digitalen Screen präsentiert. Zudem zeigen wir eine Fülle an Accessoires aus der damaligen Zeit – von Taucherbrillen bis zu klassischen Sandspielzeugen wie Buddeleimern.

Die Ausstellung zeigt liebevoll kuratierte Exponate und erzählt in fünf Themenbereichen vom Meer als Mythos, der Seegrenze und dem Grenzgebiet, von Kunst und Kultur, vom Übernachten und Speisen sowie vom Strandleben. Zwei der ausgestellten Objekte stellen wir im folgenden kurz vor.

Schallplatte »Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein«

Ein Meer des Friedens war die Ostsee nie, am allerwenigsten im 20. Jahrhundert. Die  Seegrenze der DDR war seit dem Beginn des Kalten Krieges die Frontlinie zwischen Ost und West. Zudem wurde sie gut bewacht, damit niemand auf die Idee kam, übers Meer der DDR für immer zu entkommen. Doch so waffenstarrend die Küstenlinie war, so laut tönte auch die Friedenspropaganda der DDR. Der FDGB, die Gewerkschaft der DDR, führte regelmäßig so genannte »Arbeiterkonferenzen der Ostseeländer« durch. Dort sollte vor allem den Gästen aus Skandinavien eine blühende und friedliebende Republik präsentiert werden. Die Zusammenkünfte standen unter dem Motto: »Die Ostsee muss ein Meer des Friedens sein«. So hieß auch die Langspielplatte, die 1984 vom FDGB anlässlich der 25. Arbeiterkonferenz herausgegeben wurde.  

Die LP bietet Ausschnitte aus dem Programm, dass zum Auftakt der »Arbeiterkonferenz«  in der Rostocker Sport- und Kongresshalle von der Songgruppe »Neue Horizonte« des »Volkstheaters Rostock«  vorgestellt wurde. Sie enthält Arbeiterlieder aus den Teilnehmerländern und politische Songs, wie »Meinst du, die Russen wollen Krieg« nach einem Text von Jewgeni Jewtuschenko. Er wird die Gäste aus Nordeuropa in ihrem Willen zur Abrüstung bestärkt haben. 

Eterna-Schallplatte »Die Ostsee muß ein Meer des Friedens sein!«

Eterna-Schallplatte »Die Ostsee muß ein Meer des Friedens sein!« – ©DDR Museum

Kapitän Briese – eine Gummipuppe in Seemannskluft

Reiseandenken erzählen viel von den heimlichen und nicht ganz so heimlichen Sehnsüchten ihrer Käufer. Für die Kulturgeschichte sind diese Souvenirs aussagekräftige Quellen.

Die kleine Gummipuppe in der Seemannkluft aus blauem Filz und der Schiffermütze steht beispielhaft für ähnliche Mitbringsel, die es zu DDR-Zeiten an der Ostseeküste in reicher Fülle und für wenig Geld zu kaufen gab.   

Es handelt sich dabei nicht um irgendeinen Seemann, sondern um Käpt’n Brise. Viele Ostseeurlauber kannten ihn als eine Figur aus dem Kinderfunk von Radio DDR. Jeden Donnerstag um 8.40 Uhr meldete sich dort die Sendung »Aus dem Butzemannhaus« mit einem festen Ensemble. Der Kapitän erzählte Geschichten aus dem Seemannsleben.

Natürlich war die Figur ein Klischee und es war reines Seemannsgarn, was der alte Kapitän bei Grog und starkem Knaster mit leicht plattdeutschem Sprachklang erzählte. Doch die untergründige  Sehnsucht nach Lösung aus dem Alltag, Reisen übers große Meer, war ein Teil der Anziehungskraft der Ostseeküste für viele DDR-Bürger.    

Figur Kapitän Briese in blauem Seemannsanzug aus Filz

Figur Kapitän Briese – ©DDR Museum

Die Ausstellung »Die Ostsee – Urlaubsort, Grenzgebiet, Sehnsuchtsort« ist vom 24. Juli 2024 bis zum 15. März 2025 in der Dauerausstellung des DDR Museum zu sehen.

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